Pressestimmen zu “Fräulein Julie”
Nach einer Erkrankung im Ensemble wurde die Premiere am Theater Pforzheim um eine Woche verschoben und Lydia Fuchs als Ersatz engagiert. In nur zwölf Tagen machte sie sich mit Stück, Text und Rolle vertraut.
Die Presse scheint nichts von den Umständen bemerkt zu haben. Die Pforzheimer Zeitung schreibt: “…Internet- und Videomobbing als Bezug zur realen Gegenwart werden in der Pforzheimer Inszenierung nur kurz angedeutet. Was jedoch die schauspielerische Leistung des Trios in keiner Weise schmälert. Viel Beifall vom Premierenpublikum.”
Und so lautet das Urteil der Badischen Neuesten Nachrichten: “…Drei junge, außerordentlich ambitionierte Ensemblemitglieder gestalteten…überzeugend emotional. … Es waren 100 spannende Minuten, denn ein Oben und Unten gibt es ja nach wie vor auch in der gegenwärtigen Gesellschaft. …Im schlichten Bühnenbild von Anike Sedello, das einen Wohnraum und ein angrenzendes winziges Büro darstellt, agierten bravourös, mal mit atemberaubendem Tempo, mal mit feinstimmig poesievoll Lydia Fuchs als Fräulein Julie, Peter Christoph Scholz als Jean und Rashidah Aljunied als Kristin, der Hausangestellten, die sich als mit Jean verlobt empfand. Dieses hervorragende Trio gab alles, um die Rollen glaubwürdig randvoll mit Leben zu erfüllen.
Kokett reizt Fräulein Julie im engen, hoch geschlitzten Kleid den anfangs zurückhaltenden Jean bis aufs Äußerste. Sie empfindet sich als auf einer hohen Säule stehend, von der sie nicht herunter kann, er sieht sich s vor einem Baum, den er unbedingt bis zur höchsten Spitze erklimmen will.
Ein fortwährend zwischen liebevoll und hasserfüllt wechselnder Disput breitet sich nach dem Liebesspiel zwischen Julie und Jean aus, bösartigste Schimpftiraden folgen auf gegenseitige Beteuerungen, fortan zusammen zu bleiben, gemeinsam zu fliehen. Und Kristin, die bodenständige, strenggläubige und besonnen dem Treiben ihres Jean zuschauende Haushälterin, verachtet am Ende beide, weil sie ihre ihnen zugeordneten Ebenen verlassen haben. Am Ende bleibt Fräulein Julie allein und quält sich mit der Frage, wen die Schuld am tragischen Geschehen trifft. Aber es gibt für sie nur eine Antwort: „Die Folgen muss ich alleine tragen“.
Die Bühnenbeleuchtung erlosch und die Zuschauer brauchten etwas Zeit, bis sie den drei fabelhaften Darstellern, der feinfühligen Regisseurin und allen weiteren an dieser beeindruckenden, in sich geschlossenen Inszenierung Beteiligten laut und anhaltendend applaudierten.”